Bauvorhaben „Vinxel neue Mitte“ – Bedeutung, Bewertung, Anforderungen

Das Bauvorhaben „Vinxel neue Mitte“ wird seit den ersten Planungen im Jahr 2016 intensiv von Bürgerinitiative (BI) und Bürgerverein Vinxel (BV) begleitet. Man sieht endlich die Chance, eine wichtige Planungsvorgabe aus den 70er Jahren Realität werden zu lassen. Damals war im Bereich des Alten Hobshofes eine „Stätte der Begegnung“ vorgesehen. Verschiedene Anläufe in den vergangenen Jahrzehnten waren nicht erfolgreich. Aber der Bedarf nach einem Bereich, in und auf dem Dorfgemeinschaft gelebt werden kann, ist stetig gewachsen. Auch Parteien haben sich in ihren Programmen zur letzten Kommunalwahl unmissverständlich für die Stärkung von Dorfgemeinschaften ausgesprochen.

In den von Anfang an leidenschaftlichen Diskussionen über diverse Planungsentwürfe wurde auch sehr schnell deutlich, dass es hier um mehr geht als einfach eine Wohnbebauung und vielleicht einen Versammlungsraum. Vielmehr möchten die Vinxeler, dass hier eine attraktive Ortsmitte entsteht, die den Bedürfnissen einer lebendigen, aber auch alternden Dorfgemeinschaft Rechnung trägt.

Ein Bauvorhaben dieser Bedeutung verdient auch eine herausgehobene städtebauliche Lösung. Mit der hier an zentraler Stelle zu schaffenden Architektur werden die Vinxeler die nächsten 50 bis 100 Jahre leben müssen. Um die Kapelle „Mariae Heimsuchung“ herum, einem für Vinxel wichtigen spirituellen Ort, soll demgemäß ein gern frequentierter Platz mit hoher Aufenthaltsqualität entstehen. Dazu gehören Räumlichkeiten für Treffen der Vinxeler, für Gastronomie und für kleines Gewerbe sowie für medizinische Versorgung oder kleinen Handel. Drumherum gruppiert sich Wohnbebauung, teilweise mit gefördertem Wohnraum, aber auch mit hochwertiger Ausstattung für Vinxeler Bürger, die aus Altersgründen ihre zu groß gewordenen Eigentumshäuser gegen eine Miet- oder Eigentumswohnung tauschen wollen. Alle diese Komponenten stehen bis zu einem gewissen Grad auch miteinander in Beziehung.

Die Diskussionen der letzten sechs Jahre haben deutliche Schwerpunkte ergeben, die in der Planung ihren Niederschlag finden sollten. Diese sind:

  1. Dorfplatz: Dieser Platz in der direkten Umgebung der Kapelle soll mit seiner Aufenthaltsqualität für Feste und Treffen im Freien geeignet sein. Damit wird er den Vünftzailplatz ersetzen, der inzwischen eher als Notlösung gesehen und als Parkplatz genutzt wird. Zu diesem Dorfplatz gehört ein kleiner Kinderspielplatz in Sichtweite des Restaurants (siehe dazu 2.). Auch eine Boule-Anlage o.ä. für Erwachsene würde die Attraktivität des Platzes noch weiter steigern.
  2. Gastronomie: Von Anfang an war die Debatte um die Bebauung des Hobshof-Areals mit der Forderung nach einem gastronomischen Angebot verbunden, das am Dorfplatz anzusiedeln ist und diesen auch als Außenbereich nutzen kann. Als Kunden kommen infrage: Gäste, die hier einfach essen und trinken wollen, dann Versorgung der Gemeinschaftsräumlichkeiten bei Feiern und anderen Zusammenkünften (siehe dazu 3.), schließlich Angebot insbesondere für die ältere Generation, die in der umgebenden Wohnbebauung lebt und nicht immer für sich selbst kochen möchte (siehe dazu 5.).
    BI/BV haben dazu eine Liste der Nutzungsbedürfnisse und -möglichkeiten zusammengestellt. (siehe dazu auch separates Nutzungskonzept)
    Der erste Entwurf eines interessierten Betreibers für ein Betriebskonzeptes liegt vor.
  3. Dorfgemeinschaftsraum: In räumlicher Verbindung zur Gastronomie sind Räumlichkeiten vorzusehen, die für Veranstaltungen der Dorfgemeinschaft, von Vereinen oder auch privat für Feiern, Übungszwecke o.ä. genutzt und die von der Gastronomie mitversorgt werden können. (siehe dazu separates Nutzungskonzept)
  4. Sonstige Gewerbe: Hier sind zum einen medizin-therapeutische Einrichtungen vorstellbar wie Tagespflege, Fußpflege oder Massage, aber in Verbindung mit der Gastronomie auch ein Spezialitäten-Feinkost-Handel. Sehr erfolgreiche Beispiele dafür sind aus Oberpleis und Hangelar bekannt. Der interessierte Gastronom würde auch so etwas gerne mit abdecken, er hat z.B. beste Beziehungen nach Italien über seine dortige Verwandtschaft.
  5. Wohnen: Obwohl in früheren Planungen nicht vorgesehen, haben sich BI / BV dafür ausgesprochen, auch in Vinxel sozialgeförderten Wohnraum anzubieten. Insgesamt wird es im Neubaugebiet wie auch im übrigen Vinxel eher einen relativ hohen Anteil finanziell besser gestellter Bürger geben. Insgesamt ist eine Wohnsituation anzustreben, in der sich Jung und Alt gemeinsam wohl fühlen.
    Das Neubaugebiet soll damit auch zur Lösung eines bekannten Problems beitragen: Eine Familie mit Kleinkindern zieht in jungen Jahren in ein Einfamilienhaus. Wenn dann die Kinder aus dem Haus sind, der Partner verstorben ist, bleibt der / die letzte Überlebende immer noch in dieser hochwertigen Wohnsituation, die für eine ganze Familie gedacht ist. Denn der Auszug aus dem eigenen Haus wird gar nicht erwogen, bedeutet er doch üblicherweise den Wegzug von einem Ort, an dem man oft Jahrzehnte gelebt hat, in eine gänzlich andere Umgebung und mit fremden Menschen, schlimmstenfalls in ein Seniorenheim auf der anderen Rheinseite. Es fehlt also an hochwertigen und altersgerechten Wohnungen im eigenen Ort, in die man gerne umziehen möchte. Dies wird auch durch zahlreiche Studien und Prognosen belegt.
  6. Arbeiten: Die Covid19-Pandemie hat es schon gezeigt und die anstehende Verkehrswende und die erforderliche Klimaanpassung legen es nahe, dass zumindest Bürotätigkeiten zu einem hohen Anteil von zuhause aus erledigt werden sollten, statt zeit- und energieaufwendig zur weiter entfernten Arbeitsstätte zu fahren. Man hat aber auch gesehen, dass das Arbeiten zuhause Probleme mit sich bringen kann, sei es die Einsamkeit der eigenen vier Wände oder die Störung durch eine mehrköpfige lärmende Familie. Deshalb sollten hier, wie andernorts bereits geschehen, Räumlichkeiten für Co-Working vorgesehen werden.
  7. Ökologische Wertigkeit: Hier sind alle Vorgaben zu berücksichtigen, die zur Bewältigung der unausweichlichen Klimaanpassung und Verkehrswende erforderlich sind. Energetische Lösungen wie Photovoltaik, Wärmepumpe, Wärme-Kraft-Kopplung sind einzuplanen, so weit möglich auch als zentrale Anlage. Es sei daran erinnert, dass Königswinter entsprechend einem Beschluss des Stadtrates bis zum Jahr 2035, also in 13 Jahre, klimaneutral werden will. Dies muss auch und gerade bei Bauprojekten ihren Niederschlag finden.
    Auch eine Begrünung ist in diesem Zusammenhang zu sehen. Die positiven Auswirkungen von Fassadengrün, Dachbegrünung und insbesondere großen Bäumen auf das (Mikro-)Klima sind bekannt.
  8. Gebäudehöhe und Dachform:  Diese sollen den Charakter einer eher dörflichen Ansiedlung aufgreifen und fortführen. Als absolut negatives Beispiel, geradezu als Bausünde, wird immer das „Aussiedlerheim“ an der Holtorfer Straße angesehen. Allgemein wird eine Höhe von bis zu 2 ½ Geschossen mit Satteldach als Obergrenze angesehen, am Kapellenweg 1 ½ bis maximal 2 Geschosse. Eine endgültige Festlegung kann erst nach Auswertung des Massenmodells (siehe unten) erfolgen.
  9. Verkehr: Der fließende Verkehr kann hier nicht betrachtet werden. Er ist abhängig von der Verkehrswende, die durch Bund, Land und Kommune gesteuert wird. Für den ruhenden Verkehr sollte an der Oberfläche so wenig Platz wie möglich eingeplant werden. Bei Geschosswohnungsbau ist er in ein Untergeschoss zu verlegen. Es sollte jedoch überlegt werden, ob man in diesem Quartier nicht mit weniger Stellplätzen am / unter dem Haus als sonst üblich auskommt und stattdessen eine zentrale Parkfläche am Rande vorgehalten wird. Diese könnte auch von Restaurantbesuchern als Parkplatz genutzt werden. Wenn die Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs als Teil der Verkehrswende umgesetzt ist, könnte diese Fläche auch teilweise wieder freigegeben werden.
  10. Kindertagesstätte: Zu deren Bedarf und Platzierung hat sich noch keine einheitliche Auffassung herauskristallisiert. Die Meinungsbildung ist noch nicht abgeschlossen.
  11. Vergangenheit retten: In den früheren Diskussionen wurde immer wieder der Erhalt des Alten Hobshofes gefordert. Doch die alte Bausubstanz ist offenkundig nicht mehr dafür geeignet. Es wäre jedoch zu wünschen, dass die Eingangssituation von der Holtorfer Straße her sich am bisherigen Bild orientiert und weiterhin der Blick auf die Kapelle erhalten bleibt. In diesem Zusammenhang wurde auch schon früher angeregt, zumindest eine Wand oder gar einen Bereich mit Ziegeln des Alten Hobshofes zu verkleiden.

Die aufgeführten Punkte unterstreichen noch einmal, welche Bedeutung das Bauvorhaben „Vinxel neue Mitte“ für die Zukunft unseres Dorfes hat. Entscheidungen, aber auch Vorentscheidungen dürfen und können daher nicht nur auf der Basis eines Lageplans im Maßstab 1:1000 getroffen werden. Eine seriöse Diskussion kann erst beginnen, wenn aussagekräftige Grund- und Aufrisse und weitere Informationen wie z.B. über die Anzahl der Wohneinheiten vorliegen. Zwingend erforderlich ist ein Massenmodell (Maßstab 1:500), das möglichst auch die Darstellung von Varianten erlaubt. Bis diese Vorgaben erfüllt sind, sollte der Ausschuss f. Stadtentwicklung, Umwelt und Klimaschutz (ASUK) die Pläne des Investors nur zur Kenntnis nehmen.

Die Frist für die frühzeitige Bürgerbeteiligung sollte so gesetzt werden, dass durch die Stadt Königswinter in Verbindung mit Bürgerverein und Bürgerinitiative Vinxel eine Informationsveranstaltung mit den kompletten Planungsunterlagen durchgeführt und ausgewertet werden kann. (Ferienzeiten und gegebenenfalls durch die Corona-Lage bedingte Zeiten mit beschränkten Kontaktmöglichkeiten sind dabei zu berücksichtigen.)